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KUNST – KI – KOMMUNIKATION

„Selbstfürsorge ist einer KI fremd“

Christin Kirchner und das DASU untersuchen in einem gemeinsamen Experiment, ob eine Künstliche Intelligenz Kunst generieren kann. Die Malerin sieht sich durch den technischen Fortschritt in ihrem Schaffen nicht bedroht.

Kann Künstliche Intelligenz (KI) Kunst erschaffen? Dieser Frage sind die Söflinger Malerin Christin Kirchner und das Transferzentrum für Digitalisierung, Analytics und Data Sience Ulm (DASU) in einem gemeinsamen Experiment nachgegangen. Das Ergebnis wird am Donnerstag, 07.03.2024, 18 Uhr, bei einer Vernissage in den neuen Räumlichkeiten des DASU in der Olgastraße 94 präsentiert, wo Kirchners Bilder in den kommenden drei Monaten ausgestellt sein werden.

Als DASU-Mitarbeiter sie gefragt hätten, ob sie einen Teil ihrer Gemälde in den neuen Büroräumen ausstellen wolle, habe sie gleich zugesagt, erzählt Christin Kirchner. „Wir haben überlegt, wie wir meine Kunst mit dem Tätigkeitsfeld des DASU zusammenbringen können“. So sei die Idee entstanden, am Computer ein Modell namens „Stable Diffusion“, das Kunst kennt, mit Fotos von Kirchners Gemälden zu füttern und dahingehend feinzutunen, dass eine KI auf Basis dieser Fotos selbst Kunst generiert, erläutert Christian Späte vom DASU. Umgesetzt worden sei die Idee dann im Rahmen der Bachelorarbeit von Joey Mafukidze. Er studiert Computer Science an der Technischen Hochschule Ulm.

Die Künstlerin Christin Kirchner hat mit dem DASU ein Experiment gewagt, um herauszufinden, ob eine KI digitale Gemälde generieren kann, die tatsächlich auch von ihr stammen könnten. Das Ergebnis wird bei einer Vernissage auf dem Bildschirm präsentiert.; © Foto: Matthias Kessler

Inspiration durch die Natur

„Wir sind froh, dass Christin Kirchner so offen war, uns ihre Gemälde als Basis zur Entwicklung einer Methodik zur Verfügung zu stellen, die dann selbst Kunst in ihrem Stil erschafft.“ Denn das sei nicht selbstverständlich, sagt Späte. Schließlich sähen andere Künstler in der KI eine Bedrohung. Nicht so die Söflingerin.

„Ich kann meine Bilder nicht nachmalen. Die KI aber kann beliebig viele Kopien erstellen. Und dadurch verliert die Kunst ihren Wert“, findet Kirchner. „Ich habe eine Geschichte, Gefühle und etwas, das mich inspiriert. Die KI nicht.“ Wer bei ihr Kunst kaufe, tue das wegen ihrer Geschichte, ihrer Persönlichkeit und weil er die Authentizität schätze, die dadurch in ihre Gemälde einfließe. Beim Malen gehe es ihr stark um das Bewusstsein der eigenen Person, darum, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen und zu überlegen, wer sie sein wolle, um ein glückliches, erfülltes Leben führen zu können. „Es geht um Selbstfürsorge. Und die ist einer KI fremd“, sagt die Autodidaktin, die für ihre farbenfrohen abstrakten Gemälde bekannt ist, zu denen sie sich in der Natur inspirieren lässt.

„Ich möchte authentisch sein und mit meinen Bildern Lebensfreude vermitteln“, sagt sie. Eine Motivation, die die KI nicht haben kann. Sie wurde erst mit Fotos von Gemälden aus verschiedenen Serien von Kirchner gespeist und erhielt dann unterschiedliche Befehle. Zum Beispiel: „Male ein abstraktes Bild in Anlehnung an den Stil von Christin Kirchner, das sich an ihrer Serie ,Unlimited Horizons‘ orientiert, und füge die Ulmer Stadtsilhouette mit ein.“ An die 200 digitale Bilder sind so entstanden. Die einen mehr, die anderen weniger gelungen. „Bei manchen frage ich mich, wie die KI auf so etwas kommt. Andere sehen tatsächlich so aus, als könnten sie von mir sein“, sagt die Malerin.

Ein Teil dieser KI generierten Bilder wird Kirchners Gemälden bei der Vernissage auf einem Bildschirm gegenübergestellt und die Besucher können der KI sogar selbst Befehle erteilen. „Das ist auch ein großer Unterschied zwischen der KI und mir: Sie macht, was man ihr sagt, und ich, was ich will und fühle“, erläutert die Künstlerin.

Zum Malen habe sie KI bisher noch nicht verwendet und könne sich das in nächster Zeit  auch nicht vorstellen. Aber zum Schreiben von Texten, die sie zu ihren Gemälden verfasst, habe sie durchaus schon manchmal ChatGPT benutzt. Sie wolle die Menschen beim Betrachten ihrer Bilder und mit den Geschichten dahinter dazu anregen, ihr eigenes Leben zu reflektieren.

Artikel: Kristina Schmidl in der Südwest Presse